Hi Torsten,
das hier von Dir
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Ich denke wenn man mal logisch an die einzelnen Thesen geht und sich selber mal versucht ein par Gedanken zu machen, muss man sich zwangsläufig einige Fragen stellen ......
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ist in der Tat der Punkt.
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zu Variante (1):
Wozu ? Was macht den Sinn, wenn man bedenkt das die Menschen es selber sehr schwer hatten um in der Natur zu überleben .......
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Genau. Das ist die große Frage.
Wie hätten sie das damals tun sollen? Sie waren selbst noch nicht wirklich "domestiziert". Selbst wenn sie irgendwelche Welpen genommen und gezähmt hätten, dann bleiben es noch immer Wölfe. Spätestens mit der Geschlechtsreife der Tiere wären sie mit dem
Wildtier WOLF in vollem Maße konfrontiert gewesen. Was hätte der ihnen nutzen sollen? Und woher hätten sie sich ständig neue Welpen für ein quasi durchdachtes Zuchtprogrammm besorgen sollen? Und aus welchem Grund hätten die das
überhaupt tun sollen? Macht alles irgendwie nicht so wirklich Sinn.
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Zu Variante (2):
Gefallen, was hat dem Menschen an ihr Gefallen ? Menschen haben in dem Stadium noch sehr damit zu tun gehabt ihr Leben zu bestreiten, also denke ich das sie nichts taten was ihnen nicht zu Gute kam in ihrem Kampf mit dem Leben und der Natur.
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Ich zitiere mal aus dem Buch "Hundeartige" vom Biologen Riepe ( ISBN: 9-783936188448 ) von 2008. Der hat die Theorie von Roos (Biologischer Leiter der Trumler-Station) kurz und prägnant zusammengefasst, finde ich:
"Demnach spricht man von einer Domestikation oder deren Anfang, wenn Tiere sind in Gefangenschaft, direkt beim Menschen vermehren. Es hat wahrscheinlich schon vor Beginn der eigentlichen Domestikation immer mal wieder Fälle eher zufälliger Zähmungen von Wölfen gegeben, diese haben sich aber nicht vermehrt, zumindest nicht in menschlicher Obhut. Was wäre aber, wenn einem dieser dem Menschen wohl eher zufällig in die Hände gefallenen Wölfe Eigenschaften gehabt hätte, die ihn von der Mehrheit seiner verwandten unterschied? Zum Beispiel in der Fellfarbe? Dazu muss man wissen, dass auf molekularer Ebene ein Zusammenhang der für die Erregung zuständigen Hormone und der Pigmentierung (Färbung) besteht. Diese leitungen sind an der Basis gekoppelt. Mit der Fellfärbung verschiebt sich die Erregbarkeit der Individuen bzw. umgekehrt. Dies kann man auf der "Eberhard Trumler Station" anhand der dort gehaltenen Marderhunde sehr gut beobachten. Die wildfarbenen Tiere sind wesentlich schlechter an Menschen zu gewöhnen als weiße Farbschläge, die von Natur aus wesentlich ruhiger und vertrauensvoller sind. Diese geringere Scheu kann bei Farbmutationen dazu führen, dass solche Tiere die Ruhe entwickeln, den Gefangenschaftsstress besser zu bewältigen und unter diesen Umständen sogar nachwuchs zeugen. Roos geht davon aus, dass die steinzeitlichen Menschen einen eben solchen farblich veränderten Wolf, in dem Fall eine Wölfin, zufällig in ihre Mitte holten. Aufgrund der Farbmutation war dieses Tier nicht in der Lage, in der Natur zu überleben, aber die daraus resultierende geringe Scheu und Ruhe brachten schon einige erste Merkmale der Domestikation mit sich. Später könnte sich diese eine Wölfin mit einem Wolf gepaart, ihre Welpen aber in ihrer vertrauten, sicheren Umgebung bein Menschen zur Welt gebracht haben. Und einige dieser Welpen hatten ähnliche Merkmale wie ihre Mutter. Diese hatten die besten Chancen, in der Menschenwelt zu überleben... Laut dieser Theorie beruht die Domestikation des Hundes also eher auf Zufällen, Farbmutationen und glücklichen Umständen, die dazu führten, dass alle heutigen Hunde diese eine Wölfin ihre Vorfahrin nennen dürfen." (S. 143 ff.)
Angesichts dessen, dass eine ähnliche Selektion auch heute noch oft (unbewusst) bei Herdenschutzhunden in ihrem ursprünglichen Umfeld von den Hirten vorgenommen wird, wie wiederum Coppinger in seinem Buch "HUNDE" eindrucksvoll nachweist, macht das schon Sinn. Die Frage bleibt aber dennoch: Erklärt DAS alleine wirklich den gesamten Domestikationsprozess? Wieso überhaupt hat die Wölfin sich zum "Lager verirrt"?
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Zu Variante (3):
Nun zu mindest kann man hier eine Aufgabe erkennen, aber Frauen und Hunde sind so wie so eine besondere Mischung - warum sollte diese Theorie nicht Sinn machen. Hund zum hüten von Kindern ...... Kindermädchen - soziales Verhalten
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Ja; und Zimen verweist ja auch auf Höhlenzeichnungen, die Frauen mit Wolfswelpen an der Brust zeigen und verweist auf die afrikanischen Frauen, die noch heute (mehr oder weniger wilde) Caniden-Welpen als "Windelersatz" nutzen. Aber auch da bleibt die Frage: Nunja, alles schön und gut. Aber deshalb sind es noch immer wilde Tiere, keine Hunde. Und wenn sie geschlechtsreif sind, ist Essig mit dem Anschluss an die Menschen. Dann gehen sie ihre eigenen Wege (weswegen die Frauen in Afrika den Tieren, die sie besonders mögen, die Beine brechen, wie Zimen beschrieben hat, damit sie nicht abwandern und so Zeugs).
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Zu Variante (4):
Es gibt auch heute noch Gebiete in denen der Mensch mit dem Wolf in ein und dem selben Gebiet lebt. Für beide Seiten ist es eine Art Selbstverständlichkeit und auch ein Miteinander ..... aber ich weiß nicht ob der Wolf sich so weit und unvorsichtig nähert das er sich domestiziert ....... gerade bei den Bauern in Rumänien die in den Bergdörfern leben haben wir heute noch diese Situationen, aber man hat nicht gehört das sich die Wölfe da -domestizieren. Und wenn muss man sich wieder fragen ob sich die armen Leute einen Esser mehr leisten können .......
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Ich zitiere nochmal Riepe wegen der Kürze:
"Die Coppingers begründen in ihrem Buch sehr ausführlich, weshalb sie nicht daran glauben, dass sich die Wölfe innerhalb menschlicher Siedlungen unter direkter Obhut der Menschen zu Hunden entwickelt haben. Sie gehen davon aus, dass sich die Hunde praktisch "selbst" domestiziert haben. Einige steinzeitliche Wölfe mögen erkannt haben, dass ihnen die Abfälle in der Umgebung der Menschen als Nahrungsgrundlage dienen können und nutzten diese neue, einfache Nahrungsquelle für sich. In dieser ökologischen Nische hatten jedoch nur Wölfe mit geringerer Fluchtdistanz zum Menschen die Chance zu überleben. Auf diese Weise können die Wölfe selbst die Nähe des Menschen, dieser ökologischen Nische, gesucht haben. So fand also - zumindest am Anfang keine aktive Domestikation durch den Menschen statt, sondern eine "Selbstdomestikation" durch den Wolf. Dies ist selbstverständlich nur eine äußerst kurze Zusammenfassung der interessanten Theorie und wer sich näher mit ihr beschäftigen möchte, dem sei das genannte Buch ans Herz gelegt. [...] Als Menschen begannen, mehr Dinge zu verwerten als sie benötigten und "Unverwertbares" wie Knochen oder faules Fleisch Obst liegen zu lassen, ist es gut möglich, dass einige Wölfe dies ausnutzen[...]" (S. 148 ff.)
Die Frage ist dabei aber (Und das ist auch das, was Dir dazu durch den Kopf ging, oder?), ob man
diese Tiere, die diese ökologische Nische besetzten, wirklich schon als domestiziert ansehen kann? Coppingers bringen viele Beweise für ihre Theorie. Das Buch wird ja nicht umsonst als wegweisend angesehen und von Erich Klinghammer z.B. als "das wahrscheinlich wichtigste Buch, das je über Hunde geschrieben wurde" gepriesen. Und dennoch: Diese Nische besetzen auch andere Tiere, heutige Stadtfüchse z.B. Deshalb sind es ja trotzdem Wildtiere.
Und da ist auch der Punkt, an dem ich glaube: Nur ein
Zusammenspiel der Varianten 2 und 4 machen eigentlich Sinn. Und Zimens Theorie... why not? Kann doch gut sein und macht auch Sinn.